5.1. "Ho Chi Minh City" (aka Saigon)

4.8.2014

Ho Chi Minh City empfängt mich mit einem wahren Temperaturschock. Von den 15 Grad in Christchurch komme ich gegen Mitternacht bei etwa 27 Grad an und am nächsten Vormittag sind es dann schon 35. Schön warm denke ich noch und beschließe zur Abwechslung mal zu Fuß von meinem Hotel, das zwischen Flughafen und Zentrum liegt, in die City zu laufen. Zu allem Überfluss verzichte ich auch noch auf die Socken, wähle aber trotzdem meine Rad- und Wanderschuhe mit der tollen Vibramsohle. Die ersten Kilometer gehen auch noch ganz gut, obwohl ich doch mehrfach darüber nachdenke umzudrehen und das Rad zu nehmen. Der Verkehr hier ist nämlich sehr speziell:

Zunächst mal sind Fußgänger auf langen Strecken überaus selten und in der Regel Touristen. Aus diesem Grund sind die oft existenten Bürgersteige entweder mit den Auslagen der Läden, den Sitzgarnituren samt Kundschaft der Straßenküchen oder aber parkenden Motorrollern verstopft. Man läuft also zum größten Teil zwangsläufig auf der Straße. Diese wird wiederum am äußersten rechten Rand kaum vom fließenden Verkehr benutzt, hingegen von einer Art Guerillagegenverkehr, der dann entsteht, wenn sich ein Wechsel auf die andere Fahrbahnseite nicht lohnt, da man ja nur ein oder zwei Blocks weiter schon wieder abbiegen will. Läuft man also auf der rechten Fahrbahnseite, sieht man diese Geisterfahrer kommen. Versucht man es links, wird man immer mal wieder von hinten angehupt oder sehr knapp überholt. Das Herz des Verkehrs, die zentralen Ströme, werde ich aber erst auf dem Rad kennenlernen. Aber dazu später.

 

Zu Fuß ist die Sache jedenfalls sehr mühsam und die Kilometer ziehen sich, auch wenn an allen Ecken immer wieder interessante Details zu entdecken sind. Für mich wird es in dem Moment zur Tortur, als ich merke, dass sich oberhalb der rechten Ferse nicht nur eine dicke Blase gebildet hat, sondern sich bereits geöffnet hat. Noch ein, zwei Schritte und ich spüre wie das Innenleder meiner Schuhe auf der offenen Stelle reibt. Jeder weitere Schritt läss mich die Zähne zusammenbeißen und ich überlege krampfhaft, was ich mit meinen mitgeführten Utensilien anfangen kann. Ein Pflaster habe ich noch im Rucksack, und obwohl es die Wunde nicht ganz verdeckt, lindert es doch erheblich die Schmerzen. Nach weiteren dreihundert Metern ist die Haftleistung leider bereits erloschen, was sicherlich auch an der hohen Luftfeuchtigkeit liegt, und so packe ich kurzerhand die Schuhe in den Rucksack und laufe barfuß weiter. das geht hervorragend, aber ich weiß, dass ich mir für den Rückweg was überlegen muss, da ich sonst noch Blasen an den Fußsohlen bekomme.

Am nächsten Schuhgeschäft, etwa eine halbe Stunde später, erstehe ich ein paar Leder-Flipflops für kleines Geld und fühle mich gewappnet. Es fühlt sich zunächst auch gut an, aber zu Beginn des Rückwegs merke ich bereits, wie zwischen Daumen- und Zeigezeh gereizte Stellen entstehen. Abends sind dann dort beidseitig Blasen.

 

Meine Hauptsorge besteht aber mehr darin, dass sich die offenen Stellen bei den hohen Temperaturen und der stark verunreinigten Umgebung entzünden könnten. Dagegen schmiere ich am Abend und in den nächsten Tagen jede Menge Bellaisadonna-Salbe auf die Stellen und umwickele die rechte hintere Blase mit einem Verband. Ich fühle mich jedenfalls so nicht in der Lage loszufahren und wechsele erst mal das Hotel. Im ersten Distrikt bin ich viel näher an allem dran und viel mehr kostet das Zimmer auch nicht. Allerdings habe ich hier häufiger mit stundenlangen Stromausfällen zu tun, was für viele Vietnamesen allerdings zum Alltag gehört.

Als ich am zweiten Tag mit dem Velo in die Stadt fahre, merke ich schnell wie überlegen die Fortbewegung auf zwei Rädern hier ist. Autos und Busse verhalten sich in diesem Kradstrom wie träge Hindernisse. Die Fußgänger habe ich ja schon erwähnt. Auf dem Rad muss ich nach jeder Ampel erst mal wieder Gas geben um im Fluss mitschwimmen zu können. Schneller als 25-30km/h fährt hier in der Stadt kaum einer und da kann ich ohne Gepäck eigentlich ganz gut mithalten. ALs Nebeneffekt ist der Fahrtwind eine erfrischende Belohnung für die Mühen des Anfahrens. Aber unterm Strich merke ich schon, wie ich immer triefnass an der Ampel stehe oder irgendwo ankomme und mein Rad abstelle.

Für diese Situationen habe ich mir ein kleines Handtuch am Lenker befestigt, mit dem ich neben den verschwitzten Händen auch schnell mal das Gesicht trocknen kann. Außerdem hilft es beim Schalten der Gänge, da der Drehgriff der Rohloffnabe bei Feuchtigkeit kaum noch Griffigkeit aufweist. Das war mit vorher nur an Regentagen aufgefallen. Hier wurde es zum Dauerproblem.

 

Mit Englisch kommt man in Saigon sehr gut durch, da kein Vietnamese von einem europäisch Aussehenden erwartet, dass er die Landessprache spricht. Wenn man es dann doch mal mit einem Wort versucht, wird man meist erst recht nicht verstanden, aber später, wenn das Mißverständnis aufgeklärt ist, ist das Lächeln umso herzlicher.

 

Das Essen ist unglaublich vielfältig und die Qualität meist sehr gut, da die Garküchen für den Augenblick kochen und ohnehin nur wenige Gerichte im Angebot haben. Mein Start in die vietnamesische Küche geht allerdings über das chinesische Restaurant, welches um’s Eck von meinem ersten Hotel im Binh Than Distrikt gelegen ist und im Gegensatz zu allen anderen Lokalen der Gegend auch eine englische Speisekarte hat. Auf dieser befinden sich dann neben verschiedensten Fleischgerichten aber auch Kröten, Frösche, Schlangen und diverse mir unbekannte Meeresfrüchte. Wenn ich so auf die Nachbartische schiele wird mein Appetit darauf auch nicht gerade größer. Es besteht also die Gefahr eine Ladung echtes „Ekelpaket“ zu bestellen. Und so bin ich vorsichtig und bleibe bei Rind und Huhn. Ersteres kann dann übrigens auch Büffel sein. Da macht man hier nicht so den Unterschied. Ich schmecke ihn allerdings auch nicht.

 

Einen besonderen Nachmittag verbringe ich im "War Remnants Museum", dass den amerikanischen Krieg, wie der Vietnamkrieg hier logischerweise genannt wird, dokumentiert. Neben einigen erbeuteten Trophäen gibt es jede Menge Fotos und Dokumente. Besonders herzerweichend ist dabei das Segment über die Spätfolgen von Napalm und Agent Orange, die noch in zweiter und dritter Generation das Erbgut schädigen. Man kann der gesamten Austellung sicherlich mangelnde Objektivität vorwerfen, aber von der, auch von westlicher Seite im Laufe der Jahre zurechtgerückten und immer wieder nachgebesserten, "Wahrheit" sind die Exponate bestimmt nicht weit entfernt. Fehlen tut sicherlich das Kapitel über die eigenen Kriegsgreuel, aber da hat u.a. Holywood ja schon ganze Arbeit geleistet.

 

 

VIET NAM
VIET NAM
"Ho Chi Minh City" - "Tan Son Nhat Airport" Rad wieder mal zusammengebaut. Gegen Mitternacht.
"Ho Chi Minh City" - "Tan Son Nhat Airport" Rad wieder mal zusammengebaut. Gegen Mitternacht.
Nhà thờ Đa Minh
Nhà thờ Đa Minh
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An der Bahntrasse zum Hauptbahnhof
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Angler am Kanal
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Steuersparmaßnahme - schmal aber tief
Steuersparmaßnahme - schmal aber tief
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... am Markt bei Ladenschluss
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Kirche
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bei Regen
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Herr Ho Chi Minh
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Im "Ben Thanh Market"
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Hauptpost
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Die Oper
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Moschee
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Garküche am Ben Thanh Markt
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im buddhistischen Tempel
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... (selfie)
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... (selfie 2)
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am "Saigon River"
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in der Vorstadt
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