4.14. "Christchurch" - von Erdbeben gezeichnet

25.7.2014

Ich komme bei meinen WarmShowers Gastgebern Alec und Alison unter und im Nullkommanichts sind die Vorbereitungen für den Abflug getan. Mit Alec hole ich eine Fahrradkiste bei einem Händler ab und erstehe noch eine neue Kette, da ich der argentinischen, die ich noch habe, nicht recht traue.

Alison wäscht meine Wäsche und Alec kümmert sich dann später noch um den Ausdruck meines Vietnam-Visa-Einladungsschreibens. Die beiden waren etwa zwei Monate nach mir auf der "Carretera Austral" unterwegs und sind erst vor kurzem aus Südamerika zurückgekommen. Das ist natürlich ein sehr interessanter Zufall und immer wieder drehen sich die Gespräche um Details dieser Route und die unterschiedlichen oder auch ähnlichen Erfahrungen, die wir dort gesammelt haben.

Neben mir ist noch Kayla, eine Wahlberlinerin aus Seattle, dort Gast, die einen Tag vor mir mit dem Rad nach Süden aufbricht. Wir verbringen vorher noch einen interessanten Tag in „Downtown“ Christchurch und staunen nicht schlecht über all die noch sichtbaren Erdbebenschäden und die vielen Ruinen und Baulücken. Die meisten der Sanierungsstaus sind Berichten zufolge auf die Hinhaltetaktik der Versicherungen zurückzuführen. So finden sich jede Menge mit Zäunen gesicherte Gebäude, die allerdings weniger auf die Renovierungstrupps sondern vielmehr auf den nächsten Gutachter oder die Abrissbirne warten. 

Im Falle der berühmten Kathedrale, die von „Erdbeben-Touristen“ gern als Fotomotiv verwendet wird, streiten sich die Stadt und die Kirche hingegen aus anderen Gründen. Die Kirche möchte an Stelle des alten, ein neues Gotteshaus errichten, die Stadt fürchtet um den Verlust eines Wahrzeichens und sicherlich auch um so manchen Touristen. Die Bevölkerung ist bei diesem Thema wohl ebenso ambivalent polarisiert und es gibt für beide Lösungen eine Bürgerinitiative.

Das Hauptproblem für Christchurch sind allerdings mehr die unzähligen Bauschäden, die der Laie nicht mal mit dem zweiten Blick entdecken würde, denn oft sieht von außen noch alles schick aus, während die Wände, Dächer und vor allem die Rohrleitungen klaffende Lücken im Inneren aufweisen. Da einige Hausbesitzer dieser Häuser sich den Schaden kleinzureden versuchen um weiter das Haus bewohnen zu können, hat die Stadt drastische Strafen gegen diese verhängt, da neben der Gefährdung des eigenen Lebens auch eine Verunreinigung des Grundwassers durch leckende Kanalisationen und deren Zuleitungen in Kauf genommen wird.

Die Baulücken und leerstehenden Gebäude sind also bloß die Spitze des Schadensberges, den Christchurch in den nächsten Jahren und vielleicht noch Jahrzehnten abzuarbeiten hat.

 

Mein Flug ist leider der absolute Reinfall. Bei meiner Buchung über die Skyscanner-App habe ich einfach mal die billigste Version angeklickt. Allerdings nicht ohne vorher zu schauen, ob das Angebot nicht etwa von Fluege-de (Ich wurde aufgefordert den Orginallink zu entfernen!) kommt, da diese mich beim Versuch meinen ursprünglichen Flug umzubuchen völlig allein gelassen haben. Auf meine E-mails kommt immer die selbe automatisch generierte Antwortmail die einen auf eine FAQ-Seite verweist, auf der jede Menge allgemeine Fragen beantwortet werden, nicht aber meine speziellen Umbuchungswünsche zu kommunizieren sind. Per Telefon wäre was mit einer Servicenummer gegangen, aber von Neuseeland nach Deutschland anrufen hätte sicherlich nochmal jede Menge Kosten verursacht, und das nur, um gegebenenfalls zu erfahren, dass der Flug nicht umbuchbar ist. Nachdem ich den Flug nach Ho-Chi-Minh-City dann verfallen lassen habe, kommt zeitnah sogar noch ein 50,-€ Gutschein ebenfalls per mail bei mir reingeflattert. (Irgendwie scheint der eMail-Weg also doch manchmal zu funktionieren.) Ich habe allerdings mittlerweile keine Lust mehr, mich mit diesem Laden abzugeben. Meine nächsten Flüge buche ich bei den Airlines direkt. Da kann man dann für einen kleinen Aufpreis auch so etwas wie ein flexibel-Ticket erwerben, was kostenlos umbuchbar ist. 

Der Flug den ich dann von Christchurch nach Ho-Chi-Minh-City nehme ist mal wieder ein Two-Stop-Flight. Erstmal geht es nach Melbourne, dann am nächsten Morgen nach Singapore und dann nach weiteren vier Stunden Aufenthalt noch den kurzen Satz nach Vietnam. Die Fluggesellschaft heißt „Jetstar“ und entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als die Discounttochter von Qantas, der australischen Fluglinie. Der Reisepreis ist leider exklusive jedlichen Gepäcks und eine Fahrradpauschale gibt es auch nicht. Für mich heißt das, kräftig nachzahlen. Die ersten 25kg sind noch pauschal zu machen, aber die noch fehlenden knappen 20kg für das Fahrrad werden nochmal richtig teuer. Als Sie mir dann noch erzählen, dass ich in Melbourne beim Wiedereinchecken am nächsten Morgen nochmal den Aufpreis zahlen muss, verfluche ich meine Ungeduld bei der Buchung und die Faulheit, mich nicht vorher genauer informiert zu haben. 

Immerhin schaffe ich es dann in Melbourne, die Leute am Jetstarschalter zu überzeugen, dass der Aufpreis ja wohl für den gesamten Flug gelten müsse, ich hätte ja schließlich den Flug als ein Paket gebucht. 

In Melbourne ist es dann übrigens so, dass es keinen Transitbereich über Nacht gibt und ich mit meinem ganzen Krempel bis zum nächsten Morgen in irgenwelchen Sitzecken herumlungere. Dazu musste ich sogar nach Australien einreisen, da man anders nicht an die Baggage-Claims kommt. Nur gut, dass ich prophilaktisch ein Australienvisum beantragt hatte. Ansonsten hätte ich erstmal wieder seitenweise Formulare ausfüllen dürfen. Aber es kommt ja noch das Gesundheitsamt mit seiner Bio-Hazard-Kontrolle. Schlagartig wird mir bewusst, dass ich mein Fahrrad nicht geputzt, die Zeltheringe voller Erde und auch sonst einige Sachen in meinem Gepäck sind, die man eigentlich nicht einführen darf. Glücklicherweise ist der Bio-Kontroleur ein gut gelaunter und sympathischer junger Zeitgenosse, der, nachdem ich ihm die Geschichte meiner unfreiwilligen Einreise erzähle, nur kurz nickt und mich mit dem Versprechen durchwinkt, mein Fahrrad bis morgen nicht noch mal auszupacken. 

Im Nachhinein ärgere ich mich darüber, dass nicht vorher gewusst zu haben, denn meine beiden Sitznachbarn von Christchurch war ein Paar aus Melbourne, dass mir gleich angeboten hat, bei ihnen zu übernachten, da sie nicht allzu weit vom Flughafen entfernt wohnen. Schade um den verpassten schönen Abend! 

 

Es gibt übrigens Leute aus Ländern wie zum Beispiel Kasachstan, die aus diesem Grund gar nicht über Australien fliegen können, ohne ein Transitvisum zu beantragen, was erstens nicht ganz problemlos und zweitens auch noch recht teuer ist. Da geht es mir ja noch richtig gut. Aber auch ich werde in den nächsten Monaten noch meine Erfahrungen mit Visa und Permits, Botschaften und Agenturen und deren jeweiligen Preisen machen, denn in Asien herrschen auch für EU-Bürger oft andere Regeln.

 

Nun ja, und dann war da noch die merkwürdige Sicherheitskontrolle vor dem Gate in Singapur. Obwohl man sich bereits im sicheren Transitbereich befindet, gibt es direkt vor dem Abfluggate nochmals einen Komplettscan des Handgepäcks und die übliche Metalldetektorschleuse für einen selbst. Computer und andere elektronische Geräte müssen separat in die Plastikschalen gelegt werden und bei all dem Durcheinander und meinem durch die Gitarre etwas umfangreicheren Handgepäck, frage ich mir erst im Flieger ob ich mein Laptop denn auch wirklich wieder in die Tasche zurückgepackt habe, da ich mich irgendwie nicht daran erinnern kann. Und tatsächlich - als ich in Saigon nachsehe, ist es nicht da. Die 300,-$ schmerzen bei diesem Verlust bedeutend weniger, als all die fertigen und skizzierten Blogkapitel und die mehrere hundert von RAW zu jpg exportierten Fotos, für die ich natürlich kein Backup habe.
Die Motivation all das noch mal nachzuarbeiten ist zunächst auch wegen der tropischen Hitze gering und so gerät dieser Blog leider in ein mehrmonatiges Hintertreffen.
Zwei andere Reisende erzählen mir später unabhängig voneinander, dass sie in Singapur auch schon mal fast Sachen „liegengelassen“ hätten. Einer meinte sogar, dass er dem Personal der Security eine gewisse Absicht für das Chaos unterstellen würde, als seine Kamera erst nach zweimaliger Nachfrage mit etwa fünf minütiger Verspätung aus dem Röntgenscanner herauskam.
Weg ist weg! Eine Suchanzeige von Vietnam aus aufzugeben verwerfe ich dann schnell aus rein praktischen Gründen.

Christchurch
Christchurch
Rugby im Park
Rugby im Park
Die Kathedrale
Die Kathedrale
Container-Mall
Container-Mall
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Kayla, Alison und Alec (v.l.n.r)
Kayla, Alison und Alec (v.l.n.r)
Flughafen Singapore
Flughafen Singapore

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