4.9. Entlang der einsamen Westküste

5.7.2014

Eigentlich wollte ich von der „Golden Bay“ über den „Heaphy Track“, einen vier- bis fünftägigen Wanderweg, den man auf dem Rad in zwei Tagen schaffen kann, die Westküste erreichen. Leider ist der Pfad nur im Winter für Radler geöffnet, da in der Hauptsaison eine große Zahl an Wanderern unterwegs ist. Den Versuch, trotz Verbot, mein Glück zu versuchen, möchte ich mich nach den Erfahrungen auf dem „Timber Trail“ nicht mehr wagen. Also geht es zurück über den 800 Meter Pass und von Motueka durch die Täler und dann entlang des majestätisch in seinem teilweise dramatischen Canyon dahinfließenden „Buller River“ nach Westport.

Die Hafenstadt wird durch Holzlaster und eine Zugverbindung nach Christchurch versorgt. Einerseits wird hier Kohle und Holz verklappt und daneben gibt es nördlich bei „Denniston“ immer noch eine aktive Goldmine. Von daher spielt der Tourismus hier nicht die Hauptrolle, wie das auf der Südinsel sonst häufig der Fall ist.
Umso ehrlicher und unverstellt ist die Atmosphäre. Am Ende der erst kürzlich verlängerten Hafenmole an der Mündung des „Buller River“ erörtert mir ein Einheimischer bereitwillig die Geschichte des Ortes, einschließlich des etwas südlich gelegenen Zementwerks, das auch den Hafen betreibt.

Südlich von Westport wird es wieder deutlich einsamer. Die Orte liegen oft zwanzig bis dreißig Kilometer auseinander, Läden und Campsites sind Mangelware. An den „Pancake Rocks“, den Pfannkuchenfelsen, gibt es beides. Mit verschiedenen Wanderwegen und den Blowholes, aus denen bei Flut die Gischt meterhoch in die Höhe schießt ist es eines der Tourismusmagnete der Westküste. Entsprechend ballt sich dann auch der Verkehr und natürlich die Zuschauermenge auf den engen Pfaden über den Felsen.

In Greymouth erreiche ich bereits die letzte Hafenstadt der Westküste. Hier ist die Fischerei ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Leider habe ich keinen Erfolg damit, ein Fischgeschäft oder anderswo fangfrischen Fisch zu finden. Wieder mal wird ein Zyklon erwartet und für den betreffenden Sonntag viele Veranstaltungen und sicher auch manch privater Ausflug abgesagt oder verschoben. Da ich fast der einzige zeltende Tourist auf dem Campsite bin, werde ich von mehreren Seiten darauf hingewiesen, dass es vielleicht besser wäre eine „Cabin“ zu nehmen und das Unwetter vorüberziehen zu lassen. Sechs Wochen zuvor hatte ich in Kerikeri bereits völlig umsonst auf einen Sturm gewartet, der nie kam und bin deshalb etwas unentschlossen.
Unentschlossen ist allerdings auch das Wetter, sowie dessen Vorhersage. Am Sonntag bewölkt  es sich zwar etwas grau, aber von Sturm kann keine Rede sein. Es geht nicht mal ein Wind. Im Laufe des Sonntags wird dann die Warnung auf den Montag verschoben, da der Zyklon gerade erst den Raum Auckland erreicht hat, allerdings nördlich der Stadt schon einige Verwüstungen hinterlassen hat.
Um es kurz zu machen: auch am nächsten Tag ist es grau und es beginnt sogar am Nachmittag zu regnen. Der Zyklon kommt in der Nacht zu Dienstag und nimmt auf der Südinsel Kurs über Nelson und Christchurch, was etwa hundert Kilometer Luftlinie östlich von hier liegt. Demnach wird die Nacht im Zelt etwas lauter mit so mancher Böe, aber unterm Strich gibt es kein Wetterproblem.
Am nächsten Tag fahre ich nach zwei Tagen Warterei weiter nach Süden und merke wie es nach letzten größeren Ort an der Westküste mit dem lustigen Namen „Hokitika“ deutlich einsamer wird und die Versorgung entsprechend schwieriger.

In „Ross“, einem kleinen Ort in dem die Hauptstraße einen eigensinnigen neunzig Grad Haken schlägt, gibt es zwei Goldminen. Gegenüber der alten historischen, aber immer noch betriebenen Mine zelte ich als Gast des Imperial Hotel, das auf einem kleinen Rasenstück auch einen rudimentären Campingplatz betreibt. Abends im Saloon sind nur Einheimische - Farmer und Goldsucher. Da hier am Vortag ein Folkkonzert stattfand wird der Abend allerdings nicht sehr lang. Gegen 21:00 kegelt der Wirt ohne große Vorwarnung die knapp zwanzig Gäste vor die Tür. Manche trinken noch schnell aus und gehen nach Hause, während andere das halb volle Glas mit auf die Veranda nehmen um dort dann noch hängenzubleiben. Als ich mich eine halbe Stunde später in mein Zelt verkrieche, höre ich noch lange die Stimmen aus der Ferne.
An der anderen Goldmine der Stadt komme ich am nächsten Morgen vorbei. Sie liegt einige Kilometer südlich und ähnelt einem riesigen Sandkasten für Erwachsene. Jede Menge Bagger und anderes schweres Gerät stehen herum oder sind gerade dabei Erdreich von irgendwo nach irgendwoanders zu transportieren. Für den Laien ist da wenig System erkennbar. Jedenfalls wird mir später von einem Einheimischen erklärt, dass hier der Boden grob durchgesiebt und daraus mittels chemischer Prozesse das wertvolle Edelmetall abgeschieden wird.
Ein großer Erdwall verhindert nähere Einblicke und eine engmaschige Reihe von „Danger - No Entry!“ (Gefahr - Betreten verboten!) - Schildern gibt unmissverständlich zu verstehen, dass hier Besucher oder Gaffer auch absolut unerwünscht sind.

Sowohl die Nähe der Orte, als auch die Anzahl der Seitenstraßen nimmt nun deutlich ab. Glücklicherweise gibt es an zwei großen Gletschern, dem „Franz-Josef“, der Name wurde vom deutschen Geologen Julius von Haast vergeben, und dem „Fox-Glacier“ jeweils ein gleichnamiges Village, die früher als Versorgungspunkte und Poststationen dienten. Heute werden hier in der Hauptsaison die Touristenströme verarztet, die mit Bussen und Campervans dort vorbeikommen um ihre Vorräte aufzustocken oder auch über Nacht zu bleiben und natürlich die Gletscher zu erwandern. Zu dieser Grundversorgung kommt dann noch eine Flut an touristischen Angeboten wie Whitewater.Rafting, Paragliding und Fallschirmspringen, aber auch Pferdeausritte und Rundflüge. Hier findet man kaum noch Einheimische oder auch Neuseeländer. Die Arbeit hier machen junge Leute aus aller Welt. Von der Supermarktkasse bis zum Bergführer oder Notarzt. In diesem Punkt ist Neuseeland nicht kleinlich. Wenn ein Ausländer nachweisen kann, dass er einen Job hat, für den sich kein Einheimischer findet, bekommt man zunächst eine dreijährige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, die nach Ablauf in eine dauerhafte Form übergehen kann. Für manche Ausländer ist das der Weg zur Einbürgerung, um dann häufig nach Australien zu emigrieren, da dort eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung wesentlich schwieriger zu erhalten ist. Als Kiwi, ob frischgebacken oder native, ist das ganz einfach, da es ein spezielles Abkommen zwischen den beiden Ländern gibt.

Als ich gerade den anstrengenden Doppel-Pass von „Franz-Josef-Glacier-Village“ nach „Fox-Glacier Village“ hinter mir habe, suche ich für die Pause nach einem netten Café an der Straße und bin nicht der einzige Radfahrer mit dieser Idee. Lucie und Delphine, die ich Ende Januar bereits an der Nordspitze getroffen habe, winken von einer sonnigen Terrasse hinter ihren Kaffeetassen und in der nächsten Stunde tauschen wir sozusagen im Telegrammstil die wesentlichen Erlebnisse der letzten sechs Wochen aus.

In den nächsten Tagen fahren wir dann zusammen bis Haast, wobei sich uns am Abend auf dem Campsite noch zwei Kanadier anschließen. Gemeinsam mit einem Kiwi-Farmer-Paar sind wir bis zu sieben Radfahrer, die teilweise im Pulk unterwegs sind. Eine neue aber durchaus positive Erfahrung für mich.

Die Westküste ist wohl eines der regenreichsten und unwirtlichsten Teile des Landes. Wir haben allerdings mal wieder Glück. Die Schleier über den Gletschern lichten sich rechtzeitig und regnen tut es in der Regel nur nachts. Da es um diese Jahreszeit morgens sowieso noch kalt und voller Raureif ist, wären die Zelte in jedem Fall nass. Durch den späten Sonnenaufgang kurz vor Acht Uhr, sind die Tage mittlerweile wieder ganz schön kurz geworden. Es sind Mitte März gerade noch etwas mehr als zwölf Stunden und mit Sonnenuntergang wird es auch an warmen Tagen schlagartig empfindlich kalt. Gut, dass es auf den Campingplätzen immer eine Küche und manchmal sogar noch einen extra Aufenthaltsraum gibt, wo wir nach Einbruch der Dunkelheit noch beisammen sitzen können. Es sind lustige Runden mit vielen interessanten Geschichten und Gesprächen, die sich nicht nur ums Reisen drehen.

"Haribo"-Kühe
"Haribo"-Kühe
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Hopfenanbau
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bikefence
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Der "Buller River"
Der "Buller River"
"Murchison"
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"Westport"
"Westport"
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Am Strand
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Die Mole
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Bücherei
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Am "Cape Foulwind"
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"Cabbage Trees"
"Cabbage Trees"
Blowhole
Blowhole
... bei den "Pancake Rocks"
... bei den "Pancake Rocks"
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Kirche von "Hokitika"
Kirche von "Hokitika"
andere Kirche
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bikepath
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"Ross" - The Empire Hotel
"Ross" - The Empire Hotel
See der alten Goldmine
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Gletscherfluss
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Weg zum Gletscher ...
Weg zum Gletscher ...
... "Franz Josef"
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"Delphine" und "Lucie"
"Delphine" und "Lucie"
essbare Baum-Früchte
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Farn-Baby
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wilde Westküste
wilde Westküste
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bei "Haast"
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