2.7. Nevada und die Wüste

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Am nächsten Tag ist der Himmel wieder blau. Ich blicke auf verschneite Gipfel rundherum, deren weiße Farbe aber bereits mit der wärmenden Sonne allmählich ins gräuliche wechselt. Auch der Gegenwind vom Vortag ist nicht mehr so intensiv und so schaffe ich es locker auf den "Montgomery-Pass" in Nevada. Oben liegt tatsächlich noch so etwas wie eine Schneedecke abseits der Straße. Die Luft ist kalt und die Sonne hat hier oben wenig Kraft. Wir befinden uns aber auch auf etwa 2400 Metern Höhe!

Nevada macht seinem Namen also alle Ehre und präsentiert sich "verschneit".

 

Die Abfahrt führt durch eine ziemliche Mondlandchaft. Nach einer riesigen Senke mit Salzteppich (zwei Stunden) umfahre ich den "Lone Mountain" (Einsamer Berg) (drei Stunden) und fahre dann noch mal etwa 20km geradeaus 300 Höhenmeter nach "Tonopah", einer Goldgräber- und Westernstadt.
Auffällig ist hier die große Anzahl von Tankstellen und Läden, die vor allem Zigaretten und Alkohol zu verkaufen scheinen. Etwa so wie in Luxembourg. Anders ist die große Zahl der Geldspielautomaten und Casinos. Und tatsächlich sitzen hier viele Leute mit leeren, teilnahmslosen Gesichtern vor den "einarmigen Banditen" und fiebern müde ihrer großen Glückssträhne entgegen - oder besser hinterher.
Das ist also Nevada. Niedrige Steuern und wenig Verbote. Wie Greg mir erzählte ist Nevada auch einer der Bundesstaaten mit der stärksten Waffenlobby.

 

Eine kleine Anekdote, die aus dem Film "Bowling for Columbine" stammen könnte erlebe ich dann einige Tage später, als gerade an einer Schule nahe Fresno ein 12-Jähriger ein Schulmassaker mit der vergleichsweise kleinen Zahl von "nur" drei Toten, verübt hat. In einem Cafe spreche ich mit einem Mann, der sich für Deutschland interessiert. Als dann die Meldung über das Massaker über die Mattscheibe flimmert, fragt er, wie es denn bei uns mit den Waffengesetzen aussehe? Er hätte ja schon gehört, dass in Europa Waffen nur in den Händen der Polizei und der Kriminellen wären. Dann wäre es doch wohl echt besser, wenn sich jedermann bewaffnen könne. Der nächste Polizist wäre ja auch nicht immer gleich in der Nähe und überhaupt hätten die Jungs ja ganz schön viele Vorschriften. Nein, da wäre er sich sicher, aber die eigene Waffe würde er um keinen Preis hergeben! Und auch nach allerlei Argumentiererei gegen seine logische Kausalkette, hält er seine Idee für die einzig richtige.Und ich würde ja schon sehen, was passiert, wenn ich meine Waffen einfach so abgeben würde. Ich entgegne noch kurz, dass bräuchte ich gar nicht, da ich ja ohnehin keine habe. "Ach so, ja stimmt", sagt er und wechselt das Thema.
Man muss vielleicht bedenken, dass Nevada wirklich äußerst dünn besiedelt ist und man deswegen, einerseits eine überschaubare Nacharschaft um sich hat, andererseits aber auch eine riesige Leere außenrum, aus der ständig "das Böse" droht. Und manchen Nachbarn möchte man ja auch nicht völlig unbewaffnet gegenüberstehen. Wer weiß, was die im Schilde führen?!?

 

Über das "Böse" in der Wüste werde ich zwei Tage später von Roy, dem Ehemann von Bobby, der Motelbediensteten in Beatty, aufgeklärt. Er erzählt mir, dass er für die Army-Security arbeitet und ich scherze noch so: "Ach, so wie da vorne, zwanzig Meilen vor der Stadt, am Gate zur "Nellis Range"?". Ja, genau da würde er arbeiten! Ich frage ihn ob er mich mittags gesehen hätte, als ich sein Gate fotografiert habe. Er antwortet, ich könne sogar bis an's Gate fahren und fotografieren, sein Arbeitsbereich befände sich nur hinterm Zaun und im Inneren des Geländes.

 

Die "Nellis Air Force Range" ist ein über 30.000 Quadratkilometer (Rheinland Pfalz hat knapp 20.000) großer "Vergnügungspark" für die US-Airforce, wobei dort noch verschiedene Spezialspielplätze wie die "Area 51" und die "Bombing Range" (Das Atombombenversuchsgelände der USA) implementiert sind, die entweder höchster Geheimhaltung oder starker Kontamination, oder beidem unterliegen. Außerdem beherbergt das Gelände neben den Bombenkratern und brisanten Materialien einen riesigen Bestand and Hirschen und Büffeln und das"Wild-Horses-Nature-Reserve", ein Wildpferd-Schutzgebiet. Und wo wir so auf die Tiere zu sprechen kommen, fragt mich Roy, was ich denn bisher so gesehen hätte?
Ich berichte kurz von meinen Funden am Straßenrand: ein toter Berglöwe und hunderte plattgefahrene Taranteln, die scheinbar die Hitze des Asphalts lieben.
Roy korrigiert mich kurz: nein, die Tarantelweibchen würden in dieser Zeit des Jahres auf Wanderschaft und die Suche nach den Männchen gehen und würden deshalb so zahlreich überfahren.
Außerdem wären sie für Menschen nicht gefährlich, da sie nur zur Verteidigung beißen würden. Genau wie übrigens auch die Klapperschlangen. Deren Klapper, eine Schwanzspitze aus Hornwirbeln, höre man erst, wenn der kritische Punkt erreicht, oder schon überschritten wäre. Man solle also nicht glauben, dass man auf eine vor sich hin klappernde Klapperschlange treffen würde. Wenn's klappert, steht man wahrscheinlich schon drauf.Das Klappern ist dann die letzte Warnung. Wie das Pfeiffen beim Wasserkessel, bevor die Pfeife runterfällt. Demnach ist dann auch der Zungenbrecher: "Es klapperten die Klapperschlangen, bis ihre Klappern schlapper klangen." inhaltlich eher fragwürdig.
Jedenfalls nimmt mir Roy doch etwas die Hemmungen vor dem Wildzelten. Grundsätzlich, meint er, würden hier keine Tiere rumlaufen, die dem Menschen nach dem Leben trachten. Auch nachts im Zelt bräuchte man keine Bedenken haben, wenn man sein Essen entweder geruchsdicht oder außerhalb aufbewahre. Ich entscheide mich für beides.

 

Auf meinem Weg zwischen "Death Valley" und "Nellis Range" komme ich etwa in Tagesabständen durch kleine Wüstennester, die in der Regel schon bessere Tage gesehen haben. Ein besonderer Fleck ist dabei der Ort "Goldfield". Hier leben zur Zeit etwa 250 Leute. Vor hundert Jahren waren es mal über 20.000, als der Goldabbau boomte. Nach einem Feuer im Jahr 1923, dass durch eine explodierte Schwarzbrennerei entfacht wurde, standen nur noch die Steingebäude der Stadt. Noch heute sieht man das ehemalige Straßenraster, die Goldminen außenrum, die teilweise sogar noch betrieben werden, und einzelne gemauerte Häuser, die von der ehemaligen Bedeutung der Stadt zeugen. Dazwischen klaffen immer wieder große Lücken, die entweder mit provisorisch wirkenden, meist verlassenen hutzeligen Bretterhütten besetzt sind oder einfach brach liegen und auf bessere Zeiten warten.


Das Geradeausfahren nimmt im Laufe der Tage geradezu meditative Züge an. In den "Wachphasen" ertappe ich mich dabei, wie ich mit mir selbst Wetten abschließe, wieviele Pedaltritte es noch bis zum Schild oder der Leitplanke am Horizont sind. Aber ich bin ja in Nevada, da ist Glücksspiel erlaubt ;-)

"Nevada" erster Anlauf.
"Nevada" erster Anlauf.
"Nevada" am nächsten Tag
"Nevada" am nächsten Tag
Am "Montgomery Pass"
Am "Montgomery Pass"
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Der "Boundary Peak" vom Pass aus gesehen
Der "Boundary Peak" vom Pass aus gesehen
Am Pass
Am Pass
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Bergbau
Bergbau
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Geradeaus
Geradeaus
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"Freedom" !?!
"Freedom" !?!
"Tanke" a.D.
"Tanke" a.D.
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"Lone Mountain"
"Lone Mountain"
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Strategische Hügel bei "Tonopah"
Strategische Hügel bei "Tonopah"
"Tonopah"
"Tonopah"
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Minen
Minen
Yukkas
Yukkas
"Goldfield"
"Goldfield"
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Mein Gaul vor dem Saloon
Mein Gaul vor dem Saloon
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Zoom out!
Zoom out!
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Feuerwache
Feuerwache
Haus
Haus
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Yukkas und Esel
Yukkas und Esel
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Kurve
Kurve
STOP
STOP
Gate zur "Area 51"
Gate zur "Area 51"
abgehängte Hunde bei "Beatty"
abgehängte Hunde bei "Beatty"
mehr Esel
mehr Esel
"Beatty Museum"
"Beatty Museum"
"Senior Citizen"
"Senior Citizen"
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Kirche in "Beatty"
Kirche in "Beatty"
"Sauerteig Salon"
"Sauerteig Salon"
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Dünen
Dünen
Der weltgrößte Kracher!!
Der weltgrößte Kracher!!
Antenne auf Dach
Antenne auf Dach
Sturm
Sturm
Transport
Transport
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Bei "Indian Springs"
Bei "Indian Springs"
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Kommentare: 1
  • #1

    Ulla (Mittwoch, 20 November 2013 10:41)

    Hi Michael, die Bilder sind einfach super. So tolle Eindrücke und Erlebnisse. Schön, dass wir daran teilhaben können. Ich freu micht immer wieder und schau immer mal rein, wenn ich mich hier ärgere...